Der Pressesprecher der Initiative „Qualität ist Mehrwert“, Josef Frank, erklärt im Interview, was ein Billigteil zu einem Billigteil macht und wo die Gefahren liegen.
Krefeld, den 04.08.2015 Minderwertige Kfz-Ersatzteile überschwemmen den Markt. Der Kfz-Ersatzteilemarkt ist einer der größten Tummelplätze für Plagiate und Billigprodukte. Der Einbau von Billigteilen kann ernste und gefährliche Konsequenzen haben. Die Initiative „Qualität ist Mehrwert“ unterstützt Werkstätten dabei, ausschließlich auf Original-Ersatzteile zu setzen.
Der Pressesprecher der Initiative, Josef Frank, erklärt, was Billigteile billig macht. Er ist freier Unternehmensberater für Automobilzulieferer und besitzt über 40 Jahre Erfahrung im Bereich Aftermarket.
Redaktion: Herr Frank, gibt es eine klare Definition für Billigteile?
JF: Nein, das wäre auch nicht sinnvoll. Man kann drei Gruppen definieren: einmal Markenprodukte der bekannten Zulieferer, welche auch die Erstausrüstung beliefern – das sind nach der GVO Originalteile oder qualitativ gleichwertige Teile. Daneben gibt es Nachbauteile, die qualitativ gut sein können, aber man weiß es nicht, da in der Regel keine Qualitätskontrollen erforderlich sind. Die dritte Gruppe sind Plagiate, d. h. Produktfälschungen. Mit einem Markenprodukt ist die Werkstatt immer auf der sicheren Seite.
Redaktion: Immer wieder wird berichtet: Die Kopierer bauen die Teile aus dem Fahrzeug aus und bauen sie dann eins zu eins nach. Was kann daran gefährlich sein?
JF: Es gibt zwei wesentliche Aspekte, die ein solches Vorgehen gefährlich machen. Erstens: Der Nachbauer kann nicht wissen, welches Material und welche Zulieferkomponenten verwendet wurden. Zweitens: Die Produkte durchlaufen nicht die umfangreichen Sicherheitstests eines Markenherstellers.
Redaktion: Die Billigteile-Hersteller kennen also nur das Endprodukt und nicht die vielen Zwischenschritte, die bei der Produktion des Originalteils umgesetzt werden. Wie viele Qualitätssicherungsschritte sind notwendig für eine einwandfreie Funktionalität?
JF: Das ist je nach Produktgruppe unterschiedlich. Es gibt einerseits gesetzliche Vorgaben, z. B. bei Bremsbelägen, Bremsscheiben, Schalldämpfern, etc. andererseits – und das gilt für alle Originalteile – gibt es klare Vorgaben, das sind die Qualitätsrichtlinien der Automobilhersteller. Diese gelten analog für gleichwertige Teile. Die Nachbauer unterliegen allerdings weder den Kontrollen der Hersteller, noch beachten sie Lastenhefte. Bevor Qualitäts-Werkstoffe eingesetzt werden können, müssen diese einer intensiven Eingangskontrolle unterzogen werden. Nach jedem Fertigungsprozess muss eine Qualitätssicherungsprüfung erfolgen. Abschließend gelangen die Teile zur Endkontrolle. Das heißt, Qualität erfordert viele Detailschritte.
Redaktion: Stahl ist Stahl und Kautschuk ist Kautschuk. Ist das wirklich so? Wenn Werkstoffe sich wie ein Ei dem anderen gleichen, wie kann der Laie den Unterschied erkennen?
JF: Er kann es nicht. Optisch sind die Materialen ähnlich. Die eigentlichen Unterschiede sieht der Experte oft erst im Labortest. Ein Laie kann das überhaupt nicht erkennen. Ein Beispiel: In einer Reibmaterialmischung können sich bis zu 20 unterschiedliche Metalle befinden, sowie bis zu zehn unterschiedliche Sorten Kautschuk. Bei Trägerplatten finden bis zu fünf unterschiedliche Stahlsorten Verwendung.
Redaktion: Kann die Qualität der Werkstoffe auch für die Lebensdauer eines Fahrzeugteils verantwortlich sein?
JF: Selbstverständlich hat die Qualität der Werkstoffe einen Einfluss auf die Lebensdauer. Bei Bremsbelägen zum Beispiel betrifft das sowohl die Lebensdauer, also den Verschleiß, als auch die „Alterung“ des Materials unter Einfluss von Temperatur und Umwelt (z. B. Korrosion). Werkstoffe von schlechter Qualität können die Lebensdauer von Fahrzeugteilen massiv beeinträchtigen. Es gibt bei Markenartikeln sogenannte „zeitwertgerechte Produkte, die abhängig vom Alter des Fahrzeuges sinnvoll sein können. Der Hersteller kann einen Bremsbelag auf eine Lebensdauer von 100.000 km auslegen oder von 50.000 km. Die Qualität des Produktes unterscheidet sich bei beiden Varianten, und dadurch auch der Preis.
Redaktion: Wie lange benötigen Entwickler und Konstrukteure im Durchschnitt, um ein Funktionsteil zu entwickeln? Wie viele Fachleute sind an diesem Prozess beteiligt?
JF: Bleiben wir bei dem Beispiel mit den Bremsen. Die Kollegen von TMD Friction benötigen für die Entwicklung eines Belages bis zu drei Jahre. In diesem Zeitraum wird das Projekt von ungefähr fünf bis zehn Fachleuten von TMD Friction betreut. Es ist nicht selten, dass die Kosten für die Produktentwicklung mehrere Millionen Euro betragen.
Redaktion: Wie oft werden bei einem Premiumhersteller die Teile angepasst, überarbeitet, optimiert?
JF: Kurz und knapp: Kontinuierlich und immer entsprechend dem aktuellen Stand der Technik.
Redaktion: Der freie Ersatzteilmarkt (auf Englisch auch IAM genannt) gewährt eine zweijährige Garantie für Automobilteile. Ist die Garantie im gleichen Umfang auch bei No-Name-Produkten gegeben?
JF: Grundsätzlich gilt für alle Produkte, die in Deutschland in den Verkehr gebracht werden, das Gewährleistungsrecht, welches dem Endverbraucher eine Gewährleistung von zwei Jahren und dem gewerblichen Kunden von einem Jahr einräumt. Es kommt jedoch vor, dass bei Billigprodukten aus dem Ausland ein Rückgriff auf den Produzenten nicht möglich ist. In diesem Fall ist nach deutschem Recht der Importeur bzw. der Inverkehrbringer in Deutschland verantwortlich. Da die Importeure zumeist Händler sind und kein Hersteller Know-how besitzen, kann es kritisch werden – auch in finanzieller Hinsicht. Plagiate sind Betrug und damit ist ein Rückgriff auf den Hersteller quasi ausgeschlossen. Im Zweifelsfall muss die Kfz-Werkstatt für den Schaden aufkommen. Daher erneut meine Empfehlung: Qualität lohnt sich, denn Qualität ist Mehrwert.
Redaktion: Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Frank.
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