Das müssen freie Kfz-Werkstätten jetzt wissen
Die ersten Fahrverbote in deutschen Städten treten 2019 für Dieselfahrzeuge in Kraft. Die Konsequenzen sind bisher nur schwer abzusehen. Denn neben den Privatfahrzeugen betrifft das Diesel-Fahrverbot vor allem Gewerbetreibende: Handwerker, Dienstleister und auch Kfz-Werkstätten – oder haben Sie ein „sauberes“ Fahrzeug?
Bisher gibt es noch keine definierte Lösung für das Problem. Umso mehr sollten Sie sich als freie Kfz-Werkstatt auf die unterschiedlichen, möglichen Szenarien für das Thema Hardware-Nachrüstung vorbereiten.
Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass eine Hardware-Nachrüstung ab dem Herbst 2019 möglich sein wird?
- Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir dieses Jahr noch Hardware-Nachrüstungen umsetzen werden. (38%)
- Bei dem ganzen hin und her weiß ich gar nicht mehr, was ich glauben soll. (38%)
- Das kann gar nicht anders sein und wird so kommen. (24%)

Die aktuelle Lage zu den Diesel-Fahrverboten
Am 02.10.2018 hat der Bund ein Maßnahmenpaket präsentiert, um Fahrverbote abzuwenden. Darin enthalten sind unter anderem Software-Updates und Flottenwechsel, aber auch Hardware-Nachrüstungen für Diesel-Fahrzeuge. Ziel war es, die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen schnellstmöglich zu erfüllen, damit den Hardware-Nachrüstungen nichts mehr im Wege steht.
Welche Fahrzeuge sind von den Diesel-Fahrverboten betroffen?
Grundsätzlich sind alle Fahrzeuge betroffen, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Der Fokus liegt aber zunächst auf älteren Dieselfahrzeugen der Abgasnormen EU 1-4. Fahrzeuge mit Euro 5 dürfen frühestens im September 2019 mit einem Fahrverbot belegt werden.
Dennoch ist diese Regelung pikant, da bis vor wenigen Jahren noch zahlreiche Diesel-Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 produziert wurden und daher besonders viele Diesel-Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 auf deutschen Straßen unterwegs sind.
Städte (weitere aufklappen) | Berlin | Bonn | Darmstadt | Essen | Frankfurt | Gelsenkirchen | Hamburg | Köln | Mainz | Stuttgart |
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Offiziell ab | Plan: Juni 2019 | April 2019 | Mitte 2019 | Juli 2019 | noch unklar | Juli 2019 | seit Juni 2018 | April 2019 | September 2019 bei Nichteinhaltung der Höchstgrenze | seit Januar 2019 für Auswärtige, ab April für Stuttgarter |
Diese Fahrzeuge sind betroffen | Diesel Abgasnorm Euro 1-5 | Diesel-Abgasnorm Euro 1-4 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2 | Diesel-Abgasnorm Euro 1-5 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2 | Diesel-Abgasnorm Euro 1-4 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2; weitere Diesel folgen | Diesel-Abgasnorm Euro 1-4 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2 | Diesel-Abgasnorm Euro 1-4 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2 | Kraftfahrzeuge der Diesel-Abgasnorm Euro 1/l bis 5/V | Diesel-Abgasnorm Euro 1-4 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2 + weitere Diesel folgen | Diesel-Abgasnorm Euro 5 für einzelne Straßen, Euro 4 und älter für ganze Zonen | Pkw und Lkw der Diesel-Abgasnorm Euro 4 bzw. IV und älter |
Zone des Fahrverbotes | Straßen in der Innenstadt | Straßen mit viel Verkehr | nur Hügelstraße und Heinrichstraße | die grüne Umweltzone + Abschnitt A40 | die Umweltzone | Kurt-Schumacher-Straße | einige stark befahrene Straßen | die gesamte Umweltzone | die gesamte Umweltzone | im gesamten Stadtgebiet (aktuelle Umweltzone) |
Strafen | unbekannt | unbekannt | unbekannt | unbekannt | unbekannt | unbekannt | Bußgeld in Höhe von 25 (Pkw) bis 75 Euro (Lkw) | unbekannt | unbekannt | 80 Euro Bußgeld |
Ausnahmen | unbekannt | unbekannt | Rettungswagen, Müllabfuhr, örtliche Handwerker, spezielle Fahrzeuge | für Gewerbetreibende | unbekannt | für Gewerbetreibende | Bewohner, Rettungsdienste, Gewerbetreibende | unbekannt | unbekannt | Lieferservice, Rettungsdienste, Menschen mit Behinderung |
Sonstige | Ausweitung wird geprüft | – | – | – | ab September 2019 auch für andere Diesel | – | – | – | – | Verschärfungen in Betracht gezogen |
Hardware-Nachrüstung
Grundsätzlich können theoretisch alle Diesel-Fahrzeuge nachgerüstet werden. Die Vorschriften für die Hardware-Nachrüstungssysteme sind jedoch anspruchsvoll:
Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4 oder Euro 5 dürfen nach der Hardware-Nachrüstung maximal 270 mg NOx pro Kilometer ausstoßen. Außerdem muss die Hardware-Nachrüstung bis -7 Grad Celsius funktionstüchtig sein und fünf Jahre oder 100.000 Kilometer funktionieren.
Der Nutzen der Hardware-Nachrüstung
Tests und Untersuchungen des ADAC zeigen, dass Nachrüstsysteme den gewünschten Nutzen bringen können. Für den Test wurden drei Fahrzeuge mit SCR-Prototypen ausgestattet.
Und so funktionieren die SCR-Systeme:
In den Abgasstrang von älteren Dieselfahrzeugen wird ein spezieller Katalysator eingebaut. Mithilfe des Harnstoffs AdBlue reduziert der Katalysator die giftigen Stickoxide.
Das Ergebnis des ADAC-Tests zeigt, dass der SCR-Kat die Emissionen signifikant senkt. Die drei Testfahrzeuge der Abgasklasse Euro 5 stießen vor der Hardware-Nachrüstung unter günstigen Bedingungen bis zu 1.200 Milligramm Stickoxid (NOx) pro Kilometer aus. Nach dem Einbau des SCR-Kats sanken die Emissionen im Test um bis zu 80 Prozent.
Im Endergebnis schaffen es im Test alle drei Fahrzeuge nach der Nachrüstung des SCR-Kats den definierten Grenzwert von 270 mg NOx pro Kilometer einzuhalten oder zu unterschreiten.
Es bleibt abzuwarten, ob diese Werte im Dauertest und auch bei schwierigen Bedingungen eingehalten werden können.
Infografik: So stark sank der NOx-Ausstoß mit SCR-Kat. Quelle: ADAC
Hardware-Nachrüst-Systeme
Aktuell gibt es noch keine zugelassenen Nachrüstsysteme. Zahlreiche Hersteller haben Prototypen bereits getestet, allerdings müssen diese für den Serieneinsatz noch modellspezifisch angepasst und im Dauerbetrieb getestet werden.
Die Herausforderung beim Thema Hardware-Nachrüstung
Aktuell nutzen die Fahrzeughersteller die Diskussion um die Diesel-Fahrverbote vermehrt für Verkaufsaktionen von Neufahrzeugen und versuchen das Thema Hardware-Nachrüstung zu verzögern. Neben der Problematik, die sich daraus für Diesel-Fahrer ergibt, stellt sich zudem die Frage, was mit den „dreckigen“ Altfahrzeugen dann passiert. Werden die Fahrzeuge dem Export zugeführt, ändert sich natürlich der Ausstoß der Fahrzeuge nicht, sondern nur der Ort des Ausstoßes. Grundsätzlich kann das also nicht im Sinne des ursprünglichen Umweltschutz-Gedankens sein.
Kosten einer Hardware-Nachrüstung
Die Kosten einer Hardware-Nachrüstung für den Endverbraucher werden auf ca. 3000 Euro geschätzt. Genaueres bleibt allerdings abzuwarten, da zunächst serienreife Produkte zugelassen und auf den Markt gebracht werden müssen.
Was bedeuten die Hardware-Nachrüstungen für freie Werkstätten?
Grundsätzlich können freie Werkstätten von der Hardware-Nachrüstung profitieren. Denn wenn es ein zugelassenes System zur Hardware-Nachrüstung gibt, ist damit zu rechnen, dass viele Fahrzeugbesitzer davon Gebrauch machen werden. Potenziell bedeutet das ein zusätzliches Geschäft in freien Werkstätten. Bis es allerdings zugelassene Hardware-Nachrüstungssysteme gibt, gilt es abzuwarten und auf dem Laufenden zu bleiben. Wir informieren Sie natürlich zeitnah über relevante Neuigkeiten und Informationen zu diesem Thema.
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Fragen und Antworten zum Diesel-Fahrverbot
Aktuell sind einige, teils weitgehende, Ausnahmeregelungen geplant. So soll es Ausnahmen geben für:
- Anwohner
- Gewerbetreibende (Handwerker etc.)
- Schwerbehinderte
Wie werden die Fahrverbote kontrolliert?
Aktuell ist davon auszugehen, dass die Polizei zunächst in Form von Stichproben die Fahrverbote kontrolliert. Dazu ist zurzeit ein Blick in die Fahrzeugpapiere notwendig. Die viel diskutierte und umstrittene blaue Plakette, die die Kontrolle deutlich erleichtern würde, scheint zurzeit vom Tisch zu sein.
Wird es eine blaue Plakette geben?
Aktuell gibt es keine Anzeichen dafür, dass die blaue Plakette, die von vielen Umweltschützern gefordert wird und die Kontrollen deutlich vereinfachen würde, kommen wird.
Es steht ein Neuwagenkauf an. Welche Abgasnorm sollte das Fahrzeug haben, damit es in der Zukunft unkritisch ist?
Diese Frage ist eindeutig nur mit einem alternativen Antrieb zu beantworten. Wenn Sie ein Elektro-Fahrzeug, ein Hybrid-Fahrzeug oder einen Benziner kaufen, sind Sie auf der sicheren Seite. Soll es ein Diesel-Fahrzeug bleiben, sollte aktuell kein Fahrzeug angeschafft werden, das unter der Abgasnorm 6d TEMP liegt. Wenn die Entwicklung so weiter geht, könnten vielleicht in weiterer Zukunft auch Fahrverbote für die Abgasnormen Euro 6a bis Euro 6c verhängt werden. Nur Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6d TEMP gelten im Realbetrieb als „sauber“.