Werkstatt-Stammtisch: Einbau und Codierung von Anhängerkupplungen

Am 3. Dezember diskutierten fast 20 Werkstattinhaber, Industrievertreter, Berufsschullehrer und Journalisten mit Norbert Bay von ACPS/Oris aktuelle Herausforderungen bei der Nachrüstung von Anhängerkupplungen sowie der Elektronik und Codierung von nachgerüsteten Anhängerkupplungen.

Herausforderungen bei der Nachrüstung von Anhängerkupplungen

Es gibt für freie Werkstätten zunehmend technische und rechtliche Herausforderungen bei der Nachrüstung von Anhängerkupplungen. Der Einbau ist dabei aus Sicht der Stammtischrunde nicht das Problem. Ärger macht die Codierung der Fahrzeugelektronik.

Das Kernproblem: Die VW-Gruppe ermöglicht zum Beispiel nur die lokale Codierung des Fahrzeugs, wodurch die Gefahr des Überschreibens bei einem Software-Update besteht. Seit Modelljahr 2024 besteht hier für Werkstätten größtenteils gar kein Zugriff mehr auf die Fahrzeugsysteme. Mit der neuen, fahrzeugseitigen CAN-FD Technologie ist mehr und mehr eine geschlossene Fahrzeugkommunikation vorhanden. Sogenannte „Read-Only Elektrosätze“ sind die einzige Möglichkeit, überhaupt die Grundfunktionen C2-Überwachung und NSL-Abschaltung zu gewährleisten. Nicht unterstützt werden dann unter anderem:

  • Die Deaktivierung von Park-Distance-Controll (PDC) ,Blind Spot und Parkrangierfunktion
  • Die Aktivierung des Trailerstabilitätsprogramms (TESP)

Es ist anzumerken, dass diese Funktionen im Betrieb mit Fahrradträger oft keine Rolle spielen, im „harten Zugbetrieb“ allerdings hilfreich sind.

Die Lösung: Fahrzeughersteller müssen die CAN-Bus-Systeme entschlüsselbar gestalten und Werkstätten den Zugang ermöglichen. Erschwerend dazu kommen EU-Vorgaben: Die Fahrzeugsysteme sollen maximal gegen kriminelle Eingriffe geschützt werden.

Oft ist der Aufwand für die Werkstatt aufgrund von Stolpersteinen bei der Codierung deutlich höher als ursprünglich angeboten – das sorgt für Unmut bei Werkstattbetreibern und -kunden. Ein Beispiel aus der Werkstattpraxis: Bei einem Fahrzeug war eine schwenkbare Anhängerkupplung als Standard programmiert und es ließ sich in der Werkstatt partout keine andere AHK dranprogrammieren. Resultat: Das zentrale Steuergerät musste zurückgesetzt und neu codiert werden. Dieses Problem gibt es häufig bei Leasingrückläufern.

Die Nachrüstung kann zu Problemen führen, wenn die Fahrzeuge nicht für die zusätzliche Last ausgelegt sind, wie z.B. bei der Kühlung oder der Elektronik. Wenn keine Anhängerlast im Fahrzeugschein eingetragen ist – Finger weg! Hier hat der Fahrzeughersteller die Hoheit. Die Gründe, warum keine Anhängerlast eingetragen ist, können vielfältig sein (z.B Crashverhalten, CO2-Effekt bei Flotten, Karosseriestabilität). Wichtig: Überprüfung der Anhängerkupplungskompatibilität bei verschiedenen Fahrzeugmodellen

Herausforderung bei der Elektronik und Codierung von nachgerüsteten Anhängerkupplungen

Die Codierung von Fahrzeugen ist für freie Werkstätten eine große Herausforderung, da die Systeme immer komplexer werden. Die Fahrzeughersteller machen es zum Teil unmöglich, die vollständige Funktionalität der Anhängerkupplung zu gewährleisten, da der CAN-Bus des Fahrzeugs nicht decodiert werden kann.

Fakt ist: Die Elektrosatzhersteller (wie z.B. Jaeger Automotive, ECS Electronics) können im Moment keine zufriedenstellenden Lösungen für alle Fahrzeuge anbieten.

Marken und Qualität von Anhängerkupplungen

Die teilnehmenden Werkstätten beziehen die Anhängerkupplungen beim Teile-Großhandel (zumeist die Marken Oris oder Westfalia). In den Werkstätten wird auf Kundenwunsch die jeweilige Marke verbaut.

Oris, Westfalia und Brink wurden als qualitativ hochwertige Hersteller von Anhängerkupplungen genannt. Hier ist auch Erstausrüster-Erfahrung und -Know-how vorhanden.

Es gibt Bedenken hinsichtlich der Qualität von Anhängerkupplungen aus osteuropäischen Ländern. Die Wahl der Marke kann Einfluss auf die Kompatibilität und die Qualität der Nachrüstung haben.

Technische Unterstützung und Ressourcen

Es gibt Lücken bei technischer Unterstützung und klaren Informationen für Werkstätten bei der Nachrüstung von Anhängerkupplungen. Der technische Support im Großhandel hat laut Meinung der Werkstätten nachgelassen.

Vorschlag: Die Industrie schafft eine Plattform, die den Werkstätten Informationen über die Kompatibilität und mögliche Probleme bei der Nachrüstung und Codierung bietet. Die Werkstätten nutzen Anleitungen zum Teil in Papierform, aber gerne auch als QR-Code zum Download. Entscheidend ist, dass man schnell die benötigten Infos findet.

Anbieter mit Einbaustationen wie Rameder werden aktuell von den Werkstätten nicht genutzt. Es gibt zwar Erfahrungen, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis hat sich aus Sicht der Werkstätten in den letzten Jahren nicht gut entwickelt.

Zukunft der Anhängerkupplungen und neue Technologien

Bei den teilnehmenden Werkstätten gibt es noch wenig Erfahrungswerte mit der Nachrüstung von schwenkbaren Anhängerkupplungen. Es gibt laut Oris neue Entwicklungen bei schwenkbaren, vollelektrischen Anhängerkupplungen, die mehr Flexibilität bieten.

Die Nachfrage nach schwenkbaren Kupplungen nimmt zu, besonders bei Fahrzeugen der Oberklasse. Neue Systeme wie Fix4Bike ermöglichen höhere Lasten auf Fahrradträgern, was die Sicherheit erhöht.

Der Werkstatt-Stammtisch war für alle Beteiligten ein Gewinn – auch ACPS/Oris-Experte Norbert Bay konnte aus dem Gespräch einige Anregungen mitnehmen, welche Themen den freien Werkstätten bezüglich Anhängerkupplungen unter den Nägeln brennen.

Die Montage einer vertikal abnehmbaren Anhängerkupplung ORIS AK41 wird in einem Schulungsvideo von ACPS anschaulich vorgeführt.

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