Nachwuchs in freien Kfz-Werkstätten: Azubis sichern die Zukunft der Branche

Nachwuchs in freien Kfz-Werkstätten: Azubis sichern die Zukunft der Branche

Der Beruf des Kfz-Mechatronikers hat sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte stark gewandelt. Wo früher vor allem das „Schrauben“ im Vordergrund stand, werden heute meistens erst einmal Diagnosegeräte angeschlossen. Dennoch ist und bleibt es ein handwerklicher Beruf, er wird nur durch Digitalisierung, elektronische Datenverarbeitung und Vernetzung zunehmend komplexer und die Anforderungen steigen. Gerade angesichts des herrschenden Fachkräftemangels ist es umso wichtiger für die Zukunft der Branche, dass sich junge Menschen für den Beruf begeistern und qualifiziert ausgebildet werden.

Das Thema Ausbildung kam auch auf der Qualität ist Mehrwert-Roadshow im November auf den Tisch und Konsens der teilnehmenden Werkstätten war, dass es immens wichtig ist, den Nachwuchs zu fördern. Viele Betriebe stellen fest, dass sich die Voraussetzungen der Bewerber im Laufe der Jahre ebenfalls deutlich verändert haben: Wo in der Vergangenheit besonders junge Männer in ihrer Freizeit gern geschraubt haben und handwerkliches Interesse zeigten, wird heute lieber vor dem PC gesessen, so die Beobachtung der Werkstattbetreiber. Das führt ihrer Erfahrung nach häufig dazu, dass Bewerber und Azubis in der Theorie bereits viel Wissen aufgebaut haben, es dafür aber an Praxiserfahrung mangelt. Diese muss dann verstärkt im Betrieb vermittelt werden. Freie Werkstätten stehen vor der Herausforderung, geeignete Auszubildende zu finden und diese dann auch qualifiziert auf das Berufsleben vorzubereiten. Das Ausbilden kostet viel Zeit und Ressourcen, die bereitgestellt werden müssen – bestenfalls wird beides in die Fachkräfte von Morgen investiert, die im eigenen Betrieb gehalten werden können. Unterm Strich ist der Ausbildungsauftrag in der freien Werkstatt ein Investment in die fähigen Arbeitskräfte der Zukunft, die dringend benötigt werden.

Folgende Voraussetzungen sollte ein Ausbildungsbetrieb erfüllen:

  • Der Betrieb muss von der Industrie- und Handelskammer als Ausbildungsstätte zugelassen sein.
  • Der Ausbilder / die Ausbilderin muss persönlich und fachlich geeignet sein und über eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie eine Ausbildereignungsprüfung verfügen (Kfz-Meister).
  • Gibt es bereits Azubis im Betrieb? Das Verhältnis von Auszubildenden und Fachkräften sollte passen und wird ggf. von der Industrie- und Handelskammer geprüft.
  • Die Ausbildungsordnung ist Grundlage für die zu vermittelnden Inhalte und muss an den Azubi ausgehändigt werden.
  • Melden Sie Ihre Azubis zur Sozialversicherung an.
  • Bei jugendlichen Azubis muss die Bescheinigung über eine ärztliche Untersuchung geprüft werden.
  • Bei der IHK beantragen Sie nach Abschluss des Ausbildungsvertrages die Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse.
  • Dem Azubi muss eine angemessene Vergütung gezahlt werden.
  • Es muss für jeden Azubi ein Ausbildungsplan erstellt werden, in dem die konkreten Tätigkeiten und Aufgaben zugeordnet werden. Die Gestaltung können Sie flexibel handhaben und individuell an den Auszubildenden anpassen und auch auf außerplanmäßige Ereignisse im Betrieb eingehen.
  • Stellen Sie Ausbildungsmittel und Werkzeuge zur Verfügung.
  • Für Berufsschule und Prüfungen werden Azubis freigestellt.
  • Fordern Sie das Führen eines Berichtshefts ein.
  • Den Azubis dürfen Sie nur ausbildungsbezogene Aufgaben übertragen.
  • Sorgen Sie für Sicherheit am Arbeitsplatz.
  • Jeder Mensch lernt und arbeitet anders. Deswegen sollten Sie bereit sein, sich auf die individuellen Fähigkeiten und Talente Ihrer Auszubildenden einzustellen und diese zu fördern.
Sie wollen dem Nachwuchs eine Chance geben? Werden Sie sichtbar! Damit Sie auch die richtigen Kandidaten für freie Ausbildungsplätze finden, kommt es auf gezieltes Recruiting an. Besonders junge Menschen suchen eher online nach einem Ausbildungsplatz, deswegen sollten Sie hier Präsenz zeigen. Neben Ihren eigenen Social-Media-Kanälen bieten sich dafür auch die Website der Arbeitsagentur sowie gängige Karriereportale an. Auch eine Registrierung beim Betriebefinder von autoberufe.de ist eine Empfehlung – auf der Website finden Sie außerdem zahlreiche Tipps und Infos zum Thema Ausbildung. Übrigens: Mit dem Material aus unserer Berufsschul-Offensive unterstützen wir dabei, Wissen rund um das Thema Qualität an Azubis zu vermitteln. Das Material eignet sich für Berufsschulen, kann aber auch innerbetrieblich genutzt werden.

5 Fragen an den Profi

Ja die sogenannte Work-Life-Balance ist leider ein sehr lästiges Thema bei Azubis. Sie denken, die ganzen Influrencer müssen nur ein paar Stunden arbeiten und schon sind die Taschen voll Geld. Leider ist das eine Scheinwelt. Viele Azubis feiern meiner Erfahrung nach auch häufig krank, um ihre Freizeit zu verlängern. Der Umgangston mit Kollegen ist leider auch nicht immer respektvoll.

Die jungen Leute sind nicht mehr so belastbar wie früher. Die praktischen Fähigkeiten der Jugendlichen lässt teilweise stark zu wünschen übrig – manche können nicht mit einem Hammer oder Pinsel umgehen oder haben noch nie ein Fahrrad repariert.

Wenn in der gemeinsamen Ausbildungszeit alles passt, übernehme ich die Azubis gern.

Das ist leider nicht mehr so ergiebig wie früher, jeder kocht da irgendwie seinen eigenen Brei. Vom Dualen System ist leider nichts mehr zu Spüren. Oft fällt der Unterricht aus oder die Azubis müssen Homeschooling machen. Viele haben zu Hause gar keinen PC oder Laptop, dann muss das Smartphone fürs Lernen genutzt werden. Das klappt meist nicht so gut.

Ich bemühe mich, in örtlichen Vereinen Nachwuchs  zu fördern. Außerdem spreche ich gezielt Kinder von Kunden an und arbeite mit  Schulen und Bildungseinrichtungen zusammen.

Qualität ist Mehrwert- 5 Fragen an den Profi
Jörg Thömmes, Fahrzeugtechnik Thömmes, Düsseldorf

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