Relevante Gerichtsurteile für Werkstätten

Relevante Gerichtsurteile für Werkstätten

Im täglichen Betrieb von Kfz-Werkstätten kann es hin und wieder trotz größter Sorgfalt zu Rechtsstreitigkeiten kommen. Wir haben einige aktuelle Gerichtsurteile zusammengefasst und geben einen Überblick mit wissenswerten Tipps für Werkstattbetreiber.

„Handy-Paragraf“ gilt auch für mobile Auslesegeräte

Unter den “Handy-Paragrafen” (§ 23 der Straßenverkehrsordnung) fallen auch mobile Test-Diagnosegeräte, die während der Fahrt zur Fehlerermittlung an Fahrzeugen verwendet werden. Das Oberlandesgericht in Schleswig hat entschieden, dass die Nutzung solcher Geräte während der Fahrt daher verboten ist und mit Bußgeldern oder Strafen geahndet werden kann.

Tipp: Testfahrten mit mobilen Diagnosegeräten sollten entweder von zwei Mitarbeitern durchgeführt werden, wobei einer das Fahrzeug führt und der andere das Diagnosegerät bedient, oder auf nicht öffentlichen Straßen oder abgesperrten Testgeländen stattfinden.

Trotz ordnungsgemäßer Reparatur haftet Werkstatt bei unterlassener Prüfung weiterer Fahrzeugteile

Die Werkstatt ist verpflichtet, den Zustand aller relevanten Fahrzeugteile zu überprüfen und Kunden auf eventuelle Reparaturbedarfe hinzuweisen. Versäumt sie dies, kann sie für entstandene Schäden haftbar gemacht werden. Im verhandelten Fall musste die Werkstatt die Kosten für den Erwerb und Einbau eines Austauschmotors erstatten, abzüglich der ohnehin angefallenen Kosten für den Austausch der Steuerketten.

Tipp: Werkstattbetreiber sollten sicherstellen, dass sie eine gründliche Prüfung aller relevanten Fahrzeugteile durchführen und ihren Kunden entsprechende Empfehlungen aussprechen, um potenzielle Schäden zu vermeiden.
Informieren Sie über diese Pflicht auch Ihren Kunden, um die Sicherheitsrelevanz Ihrer Hinweise zu verdeutlichen.  Nutzen Sie dafür ganz einfach eine unserer Check-Vorlagen.

Fahrzeugschaden ist nicht auf mangelhafte Reparatur zurückzuführen: Werkstatt haftet nicht

Ein Fahrzeughalter hat keinen Anspruch auf Schadensersatz für einen Motorschaden, wenn ein Sachverständigengutachten belegt, dass der Schaden nicht auf eine fehlerhafte Reparatur in der Werkstatt zurückzuführen ist. Das Landgericht Coburg wies in einem entsprechenden Fall die Klage des Fahrzeughalters ab.

Tipp: Mit sorgfältiger und fachgerechter Arbeit lassen sich mögliche Streitigkeiten und Schadenersatzansprüche vermeiden. Eine dokumentierte und nachvollziehbare Durchführung der Reparaturen sowie eine gründliche Probefahrt und Sichtkontrolle können dabei helfen, eventuelle spätere Beschwerden zu widerlegen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Keine Haftung der Werkstatt für Beschädigung des Pkw auf öffentlich zugänglichem Kundenparkplatz

Das Landgericht Saarbrücken hat entschieden, dass eine Werkstatt nicht für Beschädigungen haftet, die auf einem öffentlich zugänglichen Kundenparkplatz entstanden sind, wenn ein Abstellen auf dem eingezäunten Betriebsgelände nicht möglich war. Der Kunde muss nachweisen, dass ein Mitarbeiter der Werkstatt den Schaden verursacht hat.

Tipp: Stellen Ihre Kunden die Fahrzeuge außerhalb Ihres Geländes ab, tun sie dies auf eigene Gefahr. Weisen Sie die Kunden darauf bei der Terminvereinbarung hin.

Mandantenvermittlung an Rechtsanwälte gegen Kostenübernahme gilt als unzulässige Belohnung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem verhandelten Fall entschieden, dass es unzulässig ist, wenn ein Rechtsanwalt von Werkstätten, Sachverständigen oder Abschleppunternehmen empfohlen wird und als Gegenleistung die Rechnungen des Unfallbeteiligten übernimmt.

Tipp: Werkstattbetreiber sollten sich nicht auf solche Vereinbarungen einlassen oder dazu drängen lassen. Es ist ratsam, sich an die geltenden rechtlichen Bestimmungen zu halten und Mandantenempfehlungen auf Grundlage von Qualität und professionellem Service auszusprechen.

Unfallverursacher trägt Werkstattrisiko

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass das Werkstattrisiko grundsätzlich vom Unfallverursacher bzw. von der Versicherung getragen werden muss. Selbst wenn die Reparaturkosten überhöht sein sollten, hat der Geschädigte das Recht, die Kosten zu verlangen.

Tipp: Kfz-Werkstätten sollten transparente und nachvollziehbare Rechnungen erstellen, um mögliche Streitigkeiten über überhöhte Kosten zu vermeiden. Es ist wichtig, alle Positionen und Leistungen klar zu erklären und auf etwaige Zusatzkosten hinzuweisen.

KfZ-Händler kann bei falschen Zusicherungen Rückabwicklung des Vertrages vom privaten Käufer verlangen

Ein Kfz-Händler kann von einem privaten Verkäufer die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Gebrauchtfahrzeug verlangen, wenn das Fahrzeug entgegen den Vereinbarungen im Vertrag nicht unfallfrei und nachlackierungsfrei ist. Selbst wenn der Händler das Fahrzeug vor Vertragsabschluss in seiner eigenen Werkstatt untersucht hat, besteht die Möglichkeit eines Rücktritts.

Tipp: Transparenz beim Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen steht an erster Stelle und ist nicht nur bei gewerblichen, sondern auch privaten Verkäufern obligatorisch.

Unsachgemäßes Handeln: Ablassen von Benzin führt zu Werkstattbrand

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass ein Werkstattbrand, der durch unsachgemäßes Ablassen von Benzin und einem darauffolgenden “Brennbarkeitstest” verursacht wurde, zu einer Schadensersatzpflicht führt. Der Brand entstand, als Benzin in offene Eimer gelassen wurde und sich Benzindämpfe ansammelten. Das Gericht stellte fest, dass das Handeln der Beklagten grob fahrlässig war und gegen Sicherheitsvorschriften verstieß. Die Haftung erstreckte sich auf den Betreiber der Werkstatt, den Kunden, der die Werkhalle gemietet hatte, und die beiden unterstützenden Bekannten.

Tipp: Um die Sicherheit zu gewährleisten und mögliche Gefahren zu vermeiden, empfiehlt es sich, in Autowerkstätten strikt die geltenden Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Besonders beim Umgang mit brennbaren Substanzen wie Benzin ist es ratsam, klare Richtlinien festzulegen und Schulungen anzubieten.

Bei Brandschäden nach Entzündung des Unfallfahrzeugs in der Werkstatt haften Unfallverursacher und -geschädigter

Bei einem Brand eines verunfallten Fahrzeugs in einer Werkstatt haften sowohl der Unfallverursacher als auch der Unfallgeschädigte für den Brandschaden an umliegenden Gebäuden. Wenn der Brand durch fahrlässiges Verhalten eines Werkstattmitarbeiters verursacht wurde, ist dies als Mitverschulden zu berücksichtigen.

Tipp: Sicherheit hat immer oberste Priorität, auch wenn Sie unter Umständen in einem solchen Fall nicht selbst haften.

Freund haftet nicht für Millionenschaden

Während des Urlaubes eines Werkstatt-Betreibers passte sein Freund auf die Werkstatt auf. Diesem wurde irgendwann kalt, weswegen er auf die Idee kam, die Heizung anzumachen. Obwohl diese auseinandergebaut war, nahm der technisch begabte Freund die Heizung wieder in Betrieb. Dort hatte der Werkstatt-Besitzer 520.000 Euro versteckt, die mit der Inbetriebnahme verbrannten. Deswegen verklagte der Werkstatt-Besitzer seinen Freund auf Schadensersatz. Das Gericht wies die Klage ab, weil nicht damit zu rechnen war, dass sich so viel Geld in der auseinander gebauten Heizung befindet.

Tipp: Verstecken Sie Ihr Bargeld lieber an einem unkritischeren Ort.

 Um Ihre Mitarbeiter vor Gefahren und Unfällen zu schützen, finden Sie hier einen Artikel zum Weiterlesen:

Sicherheit geht vor! Arbeitsschutz in der Kfz-Werkstatt

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